Buchtipps Südliches Afrika

 

 

 

 

 

J.M. Coetzee:

Der Junge. Eine afrikanische Kindheit

(engl.: Boyhood: A Memoir. Scenes from provincial Life)

 

 
 

 

Mit seinem Rückblick auf die eigene Kindheit ist Coetzee eine einfühlsame Beschreibung der Gefühlswelt
und Denkweise des kleinen Jungen, der er selbst einst war, gelungen.
Indem er nicht die Ich-Form wählt, sondern in der 3. Person erzählt, distanziert er sich selbst
zwar im Nachhinein von dessen Person, lässt den Leser aber dennoch unmittelbar an dessen Gedanken teilhaben.
Der Junge ist ein nachdenklicher, in sich gekehrter Einzelgänger und stets scharfer Beobachter,
der bereits so manches an widersprüchlichem und verlogenen im Leben der Erwachsenen durchschaut.
Seine kindliche Suche nach Leitbildern und Idealen, sein abwechselndes Lieben und Bekämpfen
der Mutter sowie sein Wunsch, einer bestimmten Gruppe (z.B. den Katholiken) zuzugehören,
spiegeln zugleich auch die Zerrissenheit und Orientierungslosigkeit der damaligen südafrikanischen
Gesellschaft wider, in der sich der schwelende Rassismus allmählich in der Apartheidspolitik manifestierte.

 

 

 

 

J.M. Coetzee:

 Schande

(engl.: Disgrace)

 

 
 

 

Der Protagonist David Lurie, Anfang Fünfzig und Professor an der Technical University of Cape Town, spürt, dass sowohl
seine Aussichten in Bezug auf beruflichen Erfolg als auch seine Wirkung auf Frauen allmählich abnehmen.
Wie als Trotzreaktion auf diese Erkenntnis stürzt er sich auf lieblose Art und Weise in eine Affäre mit einer seiner
Studentinnen. Als er auffliegt, verweigert Lurie sich der allgemein von ihm geforderten öffentlichen Reue,
wird gekündigt und reist in die Ost-Kap-Provinz, wo seine Tochter Lucy allein auf einer Farm lebt.
Eine Zeit lang geben der Farmalltag und Lucys Einfluss seinem Leben wieder einen Halt, bis eines Tages ein brutaler
Überfall stattfindet, in dessen Verlauf Lucy von den dunkelhäutigen Tätern vergewaltigt wird.
Lucy erholt sich von dieser Schandtat nicht. Sie lässt diese in der Hoffnung, dass ihre „Schande“ nicht publik wird,
ungesühnt und beugt sich demütig der Eventualität weiterer gewaltsamer Übergriffe, indem sie sich mit den
Tätern solidarisiert. Kaum verwunderlich, dass ihr Vater - selbst der Nötigung bezichtigt, sich jedoch als Opfer
fühlend - ihre Kapitulation nicht versteht. Mehr und mehr entwickelt sich aus Lucys zunehmender Unterwerfung
schließlich eine Umkehrung überkommener Herrschaftsverhältnisse, in welcher nun der schwarze Mann
die Rolle des Machthabers einnimmt.

Coetzees Erzählung ist nur scheinbar „einfach“, die Tragik eines alternden Mannes und das Trauma einer
Vergewaltigung spielen lediglich eine vordergründige Rolle. Die Erzählung zeigt vor allem die
politische und moralische Zerrissenheit Südafrikas nach Abschaffung der Apartheid und die damit verbundenen
gesellschaftlichen Schwierigkeiten und Probleme auf. Dabei bietet sie dem Leser ein weites Feld
an Denkanstößen und Interpretationsansätzen.

Das Buch ist übrigens auch im englischen Original leicht verständlich geschrieben.

 

 

 

 

J.M. Coetzee:

Warten auf die Barbaren

(engl.: Waiting for the Barbarians)

 

 

 

 

Kritik an Unterdrückung und Unrecht im Stil Kafkas

„Warten auf die Barbaren“ beschreibt das Verhältnis von Macht und Ohnmacht zwischen einem
vorherrschenden politischem System, repräsentiert durch Staatspolizei und Militär, und dem Individuum.
Zugleich wird die Frage aufgeworfen, wer - und mit welcher Begründung - die wirklichen „Barbaren“
sind, wer die „Zivilisation“. Die Handlung kennt kaum Personen- und keine Ortsnamen, Zeit spielt
vorrangig im Zyklus der Jahreszeiten, der Ernten und Vogelzüge eine Rolle.

Ein alternder Magistrat in einer Grenzstadt muss kurz vor seiner Pensionierung miterleben, wie
einrückende Staatspolizei und Militär dem friedlichen Leben in der Einöde ein jähes Ende bereiten.
Durch die Praktizierung brutaler Verhörmethoden gegenüber Gefangenen will Oberst Joll aus der
fernen Hauptstadt Beweise für ein kriegerisches Ansinnen der in der Wüste lebenden
Nomadenstämme, die zusammengefasst als „Die Barbaren“ bezeichnet werden, erlangen.
Als eine Art privater Wiedergutmachung nimmt der Magistrat eine misshandelte junge „Barbaren“frau
bei sich auf und nähert sich ihr sexuell, ohne ihr dadurch jedoch wirklich näher zu kommen.
Er beginnt sich selbst schuldig zu fühlen und zweifelt an seiner Rolle, an seiner
Freiheit, die ihm Macht über ihren Körper verleiht und ihn in eine Position versetzt, die der
ihrer Folterer nicht unähnlich ist. Schließlich bringt er „das Mädchen“, wie er sie nennt,
zu ihrem Volk zurück. Damit gilt er nach seiner Rückkehr selbst als Verräter und
muss nun seinerseits Demütigung und Folter über sich ergehen lassen.

Die Anlehnung an Kafka ist nicht zu übersehen und äußert sich vor allem in der alptraumhaften
Aufhebung von Ort und Zeit sowie in dem Themenkomplex von Schuld, Bestrafung und Buße.
Der Protagonist verstrickt sich um so tiefer in Schuldgefühle, je mehr er sich von diesen
zu befreien versucht. Anhand des Dreiecksverhältnisses zwischen ihm, dem halb erblindeten
Mädchen und dem stets hinter dunklen Brillengläsern versteckten Oberst Joll ergeht er
sich in Fragen über Gewalt und Liebe als verschiedene Formen der Herrschaftsausübung:
Wer hinterlässt den bleibenderen Eindruck bei dem Mädchen:
Der durch den Oberst verursachte körperliche Schmerz oder die von ihm gewählte Form von Liebe?
Wer von beiden repräsentiert die Lüge, wer die Wahrheit?
Etwas ist mir förmlich in die Augen gesprungen, und doch kann ich es nicht sehen.“,
denkt er ganz am Schluss – obwohl er von den dreien eigentlich der einzige wirklich Sehende sein sollte.

 

 

 

 

Tippi Degré:

Tippi aus Afrika

(engl.: Tippi of Africa)

 

 
 

 

Ein wunderschönes Afrika-Fotobuch, das mittels zahlreicher beeindruckender Aufnahmen die Begegnungen der
kleinen Tippi mit Afrika dokumentiert – sei es mit wilden Tieren wie Elefanten, Löwen und Zebras,
mit Afrikas Menschen, den Himba und den Buschmännern, oder mit Afrikas Landschaften.

Durch die kindlich gestalteten, lehrreichen und mit einfachen Weisheiten gespickten Texte ist es
vor allem aber auch als (Vor-) Lesebuch für Kinder hervorragend geeignet – ein schöner Weg,
um auch den Jüngsten schon einen Hauch von weiter Welt, Toleranz und Offenheit zu vermitteln.

Tippi Degré wurde 1990 als Tochter eines französischen Fotografenpaares in Namibia geboren,
von welchem auch die Aufnahmen stammen. Fotografiert wurde sowohl in Namibia als auch in Botswana.

 

 

 

 

Nadine Gordimer:

Ein Mann von der Straße

(engl.: The Pickup)

 

 

 

 

„… Gehn wir in ein andres Land ... Der Rest, der findet sich, du brauchst nur ja zu sagen …“

 

Diese dem Roman vorangestellten kurzen, verlockend klingenden Worte aus einem Gedicht des Südafrikaners William Palmer
vermitteln genauer als der Buchtitel (orig. The pickup), worum es in diesem Roman von Nadine Gordimer geht:
Um den Wunsch, in ein anderes Land auszuwandern, um fern der Heimat sein Glück zu suchen und sich selbst zu finden,
aber auch um die Realität, mit welcher der Fremde bzw. der Auswanderer oder Illegale in der neuen Heimat
konfrontiert wird und wie dieser mit ihr umgeht. Am Beispiel des Paares Julie und Abdu alias Ibrahim zeigt Nadine
Gordimer, welch starken Einfluss die jeweilige Herkunft des Einzelnen auf dessen Träume, Wünsche und Denkweisen
hat, dass die Freiheit bzw. die Möglichkeit, so einfach in ein anderes Land aufzubrechen, wie in dem oben
genannten Zitat beschrieben, nicht jedem gegeben ist, und dass Liebe vor einem solchen Hintergrund
leicht zum Luxusgut werden kann.

Die aus wohlhabendem Haus stammende weiße Südafrikanerin Julie ist eigentlich mehr oder weniger glücklich damit,
wie und wo sie lebt. Dennoch ist sie aus Liebe zu dem Automechaniker Abdu, den sie durch eine Autopanne
zufällig kennen gelernt hat, freiwillig dazu bereit, Beruf, Freunde und Heimat aufzugeben und ihn in
sein islamisches Heimatland zu begleiten. Trotz ihrer anfänglich sehr naiven Einstellung von ihrem zukünftigen
Leben in dem fremden Land lebt sich Julie nach und nach erstaunlich gut in die Familie ihres Mannes ein,
findet ihren Platz im gesellschaftlichen Leben und löst sich von den Dingen, die ihr in ihrem früheren
Leben wichtig waren. Doch was sie eklatant von allen unterscheidet ist die nicht zu leugnende Tatsache, dass sie,
auch wenn sie es nicht wahrhaben will und sich dagegen auflehnt, sowohl durch ihre Herkunft als auch durch
das Geld und den Einfluss ihrer Familie stets eine Sicherheit, eine Art Rettungsanker im Rücken hat,
die ihr erst den „Luxus“ einer solchen Liebe ermöglichen.

Abdu dagegen kommt aus ärmlichen Verhältnissen und träumt von einem besseren Leben in einem anderen Land,
sei es nun in Südafrika, Australien oder Amerika. Als seine Freundin Julie ihn nach seiner Ausweisung
aus Südafrika zurück in sein Heimatland begleiten will, ist er zunächst wenig begeistert:
Sie hat ihm in seinen Augen nichts genützt, um ein Bleiberecht zu erstreiten und ohnehin kann er sich
seiner Meinung nach in seiner Situation sowieso nicht den Luxus einer Liebe leisten.
Dennoch heiratet er sie und kehrt so statt mit Taschen voller Geld mit einer ausländischen Ehefrau zu
seiner Familie zurück. Doch sein Wunsch auszuwandern besteht weiterhin, in seinem Land sieht er
für sich keine Zukunft, keine Möglichkeiten, und schlägt gar das Angebot seines Onkels, dessen
Autowerkstatt zu übernehmen, aus. Wieder sieht er in Julie bzw. deren Familie eine Chance,
sein Vorhaben zu unterstützen, und kann nicht verstehen, dass sie sich dagegen sperrt.

Ein schönes Buch, das überraschend leicht zu lesen ist und einmal mehr zeigt,
was für eine großartige Autorin Nadine Gordimer ist.

 

 

 

  Alexander McCall Smith: Die Mma Ramotswe – Krimi-Reihe

  (engl.: The No. 1 Ladies' Detective Agengy)

 

 

Die Mma Ramotswe-„Krimis“ sind keine Detektivgeschichten im klassischen Sinn, sondern vor allem eine liebenswerte Hommage
an Afrika und seine Menschen. Die Fälle der ersten weiblichen Detektivin Botswanas, Mma Ramotswe, sind deshalb
auch keine spektakulären  Mord- und Totschlagangelegenheiten, sondern handeln vor allem von den
alltäglichen Problemen und Sorgen ihrer Mandanten, wie beispielsweise von untreuen Ehepartnern, verschwundenen
Kindern, aber schon mal auch  von einem Verdachtsfall auf Vergiftung.
Mit viel Herz und Verstand versteht Mma Ramotswe, ihre Fälle zu lösen und den Menschen zu helfen.
Dazwischen hat sie immer wieder Zeit für philosophische Betrachtungen, z.B. über den Existenzialismus oder -
etwas trivialer - über die Männer an sich, die immer wieder ein Schmunzeln hervorrufen.

In einer sehr leicht zu lesenden und von einer guten Portion Humor durchsetzten Sprache wird dem Leser in
allen Bänden der afrikanischen Alltag so lebensecht nahe gebracht, dass man Afrika regelrecht zu
riechen, zu spüren, vor sich zu sehen meint, so dass sich selbst jemand, der zuvor wenig oder
keinen Bezug zu Afrika hatte, ein Bild vom Leben der Menschen dort machen kann.

Plätschert der erste Band stellenweise noch etwas vor sich hin, so sind den folgenden Büchern deutliche
Steigerungen anzumerken: Die Geschichten wollen dann nicht mehr loslassen – und man selbst will ja
auch gar nicht von loskommen, ist es doch so schön, sich in eine andere Welt versetzen zu lassen,
in eine Welt, in der die Menschen in vieler Hinsicht zwar ähnliche Sorgen und Nöte haben, wie
wir sie auch kennen, wo Wärme und Menschlichkeit jedoch einen ganz anderen Stellenwert haben.

Mittlerweile gibt es sage und schreibe 23 (!) Bände dieser Krimi-Reihe.

 

 

 

 

 

 

 

 

Nelson Mandela:

Der lange Weg zur Freiheit

(engl.: Long Walk To Freedom)

 

 
 

 

Die Lebensgeschichte des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela
ist nicht nur ein herausragendes zeitgeschichtliches Dokument, sondern zugleich auch eine spannend
geschriebene Erzählung. In einer sowohl im Englischen als auch im Deutschen bewusst leicht verständlichen
Sprache wird die Entwicklung des Häuptlingssohns zum Rechtsanwalt, Freiheitskämpfer, weltweit geschätzten
Politiker und zur Symbolfigur für Frieden und Freiheit beschrieben, gespickt mit zahlreichen netten,
bisweilen aber auch bedrückenden Anekdoten.

 

 

 

 

  Henning Mankell: Das Auge des Leoparden

 (engl.: The eye of the Leopard)

 

 

 
 

 

Selbstfindung auf afrikanisch

 „ Warum bin ich der, der ich bin, und kein anderer?“ fragt sich der Protagonist Hans Olofson schon als kleiner Junge.
Fortan ist sein weiteres Leben geprägt von der Suche nach sich selbst und einem Sinn in seinem Leben.
Aufgewachsen in der nordschwedischen Provinz bei seinem trunksüchtigen Vater und ohne die Mutter je gekannt zu haben
prägen Verwirrung, Furcht, Antriebslosigkeit und das nie verebbende Gefühl, im Grunde nicht gebraucht zu werden,
seine Kindheit und Jugend.

Der Traum eines anderen liefert ihm als jungen Erwachsenen ein Motiv für eine Reise in das postkoloniale Afrika,
wo er letztendlich zwanzig Jahre verbringen wird, weiterhin auf der Suche nach seinem eigenen Ich und bestrebt,
seinen Platz in der fremden, von krassen Gegensätzen und zahllosen Ungerechtigkeiten geprägten Gesellschaft
zu finden. Das Aufeinandertreffen der europäischen und der afrikanischen Kultur beschreibt Mankell dabei
treffend als „zwei verschiedene Formen von Armut, die sich gegenüberstehen, und deren gemeinsamer
Treffpunkt ihre eigene Perspektivlosigkeit ist“ - was auch die Situation Hans Olofsons auf den Punkt bringt.
War er in seiner Kindheit für seinen besten Freund damals nur der „Knappe“, kehren sich nun die
Verhältnisse ohne eigenes Zutun unversehens um und er rutscht durch glückliche Umstände in die Rolle eines
weißen Farmers mit einem Heer afrikanischer Untergebener unter sich. In seinem Bemühen, alles richtig und
gut zu machen, muss er im Lauf der Zeit jedoch einsehen, dass althergebrachte Wertmaßstäbe und
Denkmuster nicht allgemeingültig sind. Zugleich wird er zunehmend mit seiner eigenen Angst konfrontiert,
die ihn zwar schon am Tag seiner Ankunft in Afrika in Empfang genommen hat, ihn im Zuge der wachsenden
Spannungen zwischen den Kulturen jedoch zunehmend vereinnahmt.

In seinem neben dem „Chronist der Winde“ besten Afrika-Roman thematisiert Mankell die Kluft zwischen
europäischer und afrikanischer Kultur anhand einer anschaulich beschriebenen Selbstfindung.
Dabei vermittelt er dem Leser immer wieder Denkanstöße, überkommene Ansichten und Denkweisen zu hinterfragen
und sich mit seinem eigenen Afrikabild auseinander zu setzen.

 

 

 

 

 

Henning Mankell:

Der Chronist der Winde

(engl.: Chronicler of the Winds)

 

 
   

Henning Mankell ist am Beispiel Nelios aus Mocambique eine zugleich wunderschöne, aber dennoch auch
nachdenklich stimmende Erzählung über das Leben von Straßenkindern in Entwicklungsländern allgemein gelungen.
Gespickt mit viel Phantasie, Humor, Poesie und den Weisheiten eines gezwungenermaßen zu früh erwachsen
gewordenen 10-jährigen Kindes bringt er dem Leser dieses ansonsten so ernste Thema auf fesselnde und
unterhaltsame Weise näher und trägt damit zu einem realistischeren Afrikabild bei.
Ein wunderschöner, trauriger, nachdenklich stimmender Afrikaroman.

 

 

 

 

 

   Henning Mankell: Die rote Antilope 

 

 
 

 

Über die Verlorenheit des Einzelnen in der Fremde

Mit der “roten Antilope” hat Henning Mankell einen weiteren Afrika-Roman vorgelegt.
Er erzählt die Geschichte des Waisenjungen Molo vom Stamm des San-Volkes in der Kalahariwüste,
der gegen Ende des 19. Jahrhunderts von einem gescheiterten schwedischen Möchtegern-Wissenschaftler gegen
seinen Willen als Trophäe in dessen ferne Heimat gebracht wird. Daniel, wie er fortan gerufen wird,
lernt zwar nach einiger Zeit, die fremde Sprache zu sprechen, doch nicht einmal sein selbsternannter,
gebildeter „Vater“ kommt auf die Idee, diese als Schlüssel zu nutzen, um die Tür zu Molos wahrer
Kultur und Herkunft zu öffnen: niemand fragt ihn nach seiner Geschichte, nach seinem wirklichen Namen,
seinen Eltern, seinem Volk, nach seinen Gefühlen und Träumen. Trotz gemeinsamer Sprache bleibt
Molo stets ein unverstandener Fremder, ein Exot, den man lieber nur neugierig begafft,
pseudowissenschaftlich untersucht, einem sensationshungrigen Publikum zur Schau stellt, als dass man
sich mit ihm wirklich auseinandersetzt. In seinen Träumen sehnt sich Molo zurück in seine Heimat.
Wie die rote Antilope, die sein Vater Kiko einst in eine Felswand in der Wüste geritzt hat, will
er zum großen Sprung ansetzen, um wieder zu seinem Volk, seiner Familie zurückzukehren...

Zentrales Thema ist die Verlorenheit des Einzelnen in der Fremde, die um so größer ist, wenn -
wie im Falle Molos - Unwissenheit, Ignoranz und rassistische Vorurteile weder die notwendige
Auseinandersetzung mit einer fremden Kultur noch eine Annäherung an diese zulassen.
Ein nachdenklich stimmender Roman, der zwar nicht den „Chronist der Winde“ erreicht,
aber dennoch empfehlenswert ist.

 

 

 

 

 

Henning Mankell:

Die weiße Löwin

(engl.: The white Lioness)

 

 
 

 

Das Besondere an diesem Wallander-Krimi ist, wie es dem Autor gelingt, vor dem Hintergrund zweier
grundverschiedener Schauplätze – Schweden und Südafrika – zwei Handlungsstränge ablaufen zu lassen und diese
geschickt zu einer spannenden Geschichte zu verknüpfen.

Das mysteriöse Verschwinden einer Immobilienmaklerin in Südschweden deutet zunächst auf einen
lokalen Kriminalfall hin. Dieser gewinnt jedoch zunehmend an internationaler Dimension, je mehr über die
Hintergründe der Tat bekannt wird, die im fernen Südafrika zur Zeit des politischen Neuanfangs nach der
Freilassung Nelson Mandelas wurzeln. Kommissar Wallander geht den Fall gewohnt engagiert an, hat dabei
natürlich wieder seine typischen Aussetzer und bewegt sich schließlich selbst auf schmalem Grat zwischen
Legalität und Illegalität. Ein bis zum Ende spannend geschriebener Krimi mit politischer Tragweite.

 

 

 

 

James A. Michener

Verheissene Erde

(engl.: The Convenant)

 

 

 

 

 

  In "Verheissene Erde" schildert James A. Michener die Besiedlungsgeschichte Südafrikas – nicht als Geschichtsbuch,
sondern in Form eines generationenumspannenden Romans, der geschichtlich sehr gut recherchiert ist.

Erzählt wird aus den unterschiedlichen Perspektiven dreier Familien: Einer indigenen afrikanischen, einer von später
zugewanderten Buren sowie einer Familie englischstämmiger Einwanderer. Dabei handelt er einen Zeitraum von
mehreren Jahrhunderten bis hin zur Apartheitspolitik des 20. Jahrhunderts ab.

Zugegeben - der 1000 Seiten mächtige Wälzer wirkt erstmal eher abschreckend. Und wenn man dann auch noch feststellt, dass
die Seiten klein und eng bedruckt sind, so dass der Inhalt wohl eher 2000 Seiten entspricht, wird es noch nicht besser.

Doch hat man diese Hemmschwelle erst einmal überwunden und beginnt zu lesen, wird man schon bald förmlich in die
Geschichte hineingesogen und es fällt schwer, das Buch wieder loszulassen.

Die eindrücklich und spannend erzählten Lebenswege und Schicksale der so unterschiedlichen Protagonisten mit ihren
jeweiligen Lebens- und Denkweisen vermitteln ein lebensnahes Bild dieser Menschen, die damals in Südafrika lebten,
aufeinandertrafen und sich mit diesem Aufeinandertreffen irgendwie arrangieren mussten.
Da stets aus subjektiver Sicht der jeweiligen Familie erzählt wird, wird dem Leser zum Glück auch keine
vorgefertigte Meinung zu diesem komplexen Thema aufgezwungen, sondern es steht ihm frei, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Für mich persönlich ermöglichte diese subjektive Sichtweise der Familien ein gewisses besseres Verständnis des Wesens
dieser aus Europa zugewanderten Menschen, ihrer Motivation und Beweggründe; ja, sogar eine Art ursächliche
Erklärung für das, was im Zuge der Geschichte dann in Südafrika geschehen ist.
- Aber Vorsicht bitte: Ganz gewiss keinerlei Verständnis, Gutheissung oder gar Entschuldigung für das, was diese Menschen
getan, angerichtet und gebilligt haben!

Am besten gefallen hat mir der Charakter des "verrückten Adriaan", der von Kindesbeinen an den Lockruf von
Wildnis und Weite in sich verspürt. Schon im Jugendalter begibt er sich zusammen mit seinem dunkelhäutigen Freund
auf eine erste, mehrmonatige Wanderschaft durch das weite, unbekannte Land, welche die beiden viele Jahre später
wiederholen werden, begleitet von einer zahmen Hyäne. Abenteuer, Gefahr, wilde Tiere, weite Landschaften, Mut,
Freundschaft und ein unbändiger Freiheitsdrang – man möchte am liebsten mit den beiden mitwandern!

Was mich nur mal wieder wundert: Wie kann es dieses Buch so lange schon geben (1980!), ohne dass es mir schon
früher in die Hände gefallen ist!?
Wie dem auch sei - ich lege es insbesondere all jenen ans Herz, die selbst schon in Südafrika waren oder
sich generell für Afrika interessieren (und natürlich auch allen anderen).


 
 

Will Randall:

Ein Engländer in Botswana

(engl.: Botswana Time)

 

 

 

 

 

Eigentlich wollte Will Randall nur kurz wegen der Hochzeit eines Freundes nach Kapstadt fliegen, doch vor Ort
kommt dann eines zum andern: Ehe er es sich versieht wird er zum Safaribegleiter einer Gruppe deutscher und französischer
Touristen, deren Campingtour durch Namibia bis nach Botswana führt. Sein Aufenthalt am Endpunkt der Gruppenreise,
dem beschaulichen Städtchen Kasane im äußersten Nordosten Botswanas, wird dann auch noch länger als geplant:
Von Beruf Lehrer wird er darum gebeten wird, an einer kleinen Schule auszuhelfen. Im Folgenden berichtet er detailliert
von seinem neuen botswanischen Alltag, von den Kindern, die er unterrichtet, und ihren Familien, von seinen
Bekanntschaften mit Großwildjägern und nicht zuletzt mit der afrikanischen Wildnis -
wobei eine Prise britischer Humor nie fehlen darf.

Ein leicht zu lesendes, liebevoll geschriebenes Buch, das den Leser mit auf die Reise nimmt in ein Land,
von dem man hierzulande leider nur wenig hört.

 

 

 

 

Laurens van der Post:

Die verlorene Welt der Kalahari

(engl.: The Lost World of the Kalahari)

 

 

 

Laurens van der Posts bekanntestes Werk ist eine Hommage an das Volk der Buschmänner in der Kalahari im südlichen Afrika.
Die Geschichte beginnt mit Kindheitserinnerungen, allgemeinen Betrachtungen zu Wesen und Leben der Buschmänner und
Erzählungen Dritter über dieses Volk.  Viele Jahre später schließlich fand der Autor endlich Zeit und Muße,
sich auf die Suche nach den letzten Vertretern dieses Volksstammes zu begeben.

Liebevoll und in fast schon romantisch verklärender Weise erzählt er dabei von Leben, Kultur und Mythen der
Buschmänner, die ihn bereits von Kindheit an faszinierten. Zentraler Teil des Buches ist seine Expedition durch die
Kalahari in Botswana auf der Suche nach den letzten Vertretern dieses Volkstammes.
Neben den Beschreibungen der Menschen finden auch Natur- und Tierbeschreibungen aus der Welt der Kalahari ihren Platz,
ebenso mystische Begebenheiten wie jene Ereignisse während seiner ersten Reise zu den legendären Tsodilo Hills im
Nordwesten Botswanas: Auf einmal klemmte der Verschluss der Kamera, das Aufnahmegerät gab seinen Geist auf und
Schwärme von Bienen begannen ihn und seine Leute anzugreifen -
offensichtlich hatten sie die Ruhe der Wesen gestört, die Tsodilo bewachen ...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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